Vier Bundesliga-Spiele in Folge sieglos, drei Punkte aus den letzten vier Partien und lediglich vier Tore aus 34 Torschüssen: Die Bayern schreiben aktuell die längste Sieglos-Serie seit mehr als 20 Jahren. Trainer Julian Nagelsmann steht bereits in der Kritik und erste Medien erinnern die FCB-Verantwortlichen, dass Thomas Tuchel aktuell vereinslos ist. Dabei steht das Endspiel für den 35-jährigen Nagelsmann bereits fest. Ein Kommentar von FCBinside-Redakteur Alex Frieling.
Die Bayern sind zweifelsohne in der Krise. Und bevor das Leverkusen-Spiel (30.9) oder die anschließende Begegnung mit Viktoria Pilsen (4.10) als entscheidend dargestellt wird, kann man klarmachen: Das Endspiel für Julian Nagelsmann steht bereits fest. Denn am 8. Oktober 2022 treffen die Münchner im Signal Iduna Park auf Borussia Dortmund. Gegen den größten Konkurrenten in der Bundesliga und Dauerrivalen muss die Nagelsmann-Elf gewinnen – ganz unabhängig von den beiden vorherigen Partien.
Laut Hasan Salihamidzic „gibt es keine Ausreden mehr“ und egal ob man die Spiele gegen Leverkusen und Pilsen siegreich bestreitet, wenn um 18:30 Uhr im Westfalenstadion das Flutlicht angeht, spielen die Bayern um die Zukunft ihres Trainers. Sollte man dort erneut patzen, wären die Dortmunder endgültig im Meisterschaftskampf angekommen, die Münchner hingegen müssten aufgrund der bedrohlichen Situation reagieren – und es würde Julian Nagelsmann treffen. Denn auch die letzten Spiele von Niko Kovac (1:5 gegen Frankfurt) und Carlo Ancelotti (0:3 gegen PSG) als Bayern-Coaches zeigen: Eine Trainer-Karriere beim deutschen Rekordmeister endet oft mit einem Knall. Eine Niederlage gegen den BVB wäre solch einer.
Alles nur eine Frage der Mentalität?
Lucas Hernandez warnte vor der Augsburg-Pleite zuletzt, „der Unterschied zwischen unserem Auftreten in der Bundesliga und in der Champions League hat mit der Einstellung zu tun“. Damit zeigt der Franzose auf, dass Nagelsmann die Mannschaft offenbar nur in den wichtigen Spielen erreicht, in der Bundesliga scheint er an den Top-Stars nicht mehr nah genug dran zu sein. Wenn man sich jedoch die Historie der erfolgreichen Bayern-Trainer um Jupp Heynckes, Pep Guardiola und Hansi Flick anschaut, erkennt man: Die drei konnten die Mannschaft in fast jedem Spiel motivieren und erreichen. Der FCB galt unter allen drei Coaches als unantastbar und die „Bestia Negra“ machte ihrem Namen alle Ehre. Die Münchner galten in den letzten zehn Jahren stets als Mentalitätsmonster, die es wie keine andere Mannschaft in der Bundesliga geschafft hat sowohl die Pflicht (Bundesliga) als auch die Kür (Champions League) mit Bravour zu erfüllen.
Bei Niko Kovac hingegen war die Entwicklung ähnlich wie bei Nagelsmann aktuell: Unter ihm lieferte der Rekordmeister nur in den wichtigen Phasen der Saison ab (der 7:2-Sieg über Tottenham oder der Bundesliga-Endspurt 2019 sind vermutlich die besten Beispiele). Sobald vermeintlich „unwichtigere“ Partien auf dem Plan standen, ließ die Kovac-Elf jedoch stets nach.
Und dann ist da noch Hasan Salihamidzic, der im „SPORT1“-Doppelpass in der vergangenen Woche mit folgender Aussage überraschte: „Ich habe es ihm aber auch gesagt: Es ist mir lieber, dass wir auch mal unentschieden spielen, als dass wir unzufriedene Spieler haben.“ Auch der Sportvorstand scheint sich inzwischen in Themen einzumischen, die normalerweise ausschließlich den Trainer betreffen. Ebenjene Aussage macht deutlich: Nagelsmann ist nicht mehr unantastbar.
Verantwortliche stärken Nagelsmann (noch) den Rücken
Dabei hat die Augsburg-Partie erneut deutlich aufgezeigt, was wirklich fehlt. Die Bayern sind seit Jahren dafür bekannt, mit einem echten Neuner in die Saison zu gehen. Auch vor Robert Lewandowskis Zeit gingen Jahr für Jahr herausragende Mittelstürmer auf Torejagd: Mario Mandzukic, Mario Gomez, Claudio Pizarro, Roy Makaay bis hin zu Giovanne Elber und Gerd Müller – Bayern war für seine Top-Torjäger bekannt. An der Säbener Straße war immer klar, dass die Münchner auf einen treffsicheren Spieler im Sturmzentrum setzen konnten.
Erstmals geht man ohne solch einen Spielertypen also in die Saison. Gegen Gladbach und Augsburg scheiterte man dann schlichtweg an der Abschlussschwäche. Warum also sollte Julian Nagelsmann mit diesem gar historischen Kader, denn er wollte im Sommer einen echten Neuner verpflichten, nun den Kopf hinhalten?
Fakt ist, dass Julian Nagelsmann die Mannschaft wieder in allen Spielen, egal ob Bundesliga oder Königsklasse, erreichen muss. Die Verantwortlichen in München haben nach der Pleite im Derby gegen den FCA sämtliche Trainer-Diskussionen an der Isar im Keim erstickt. Klubchef Oliver Kahn machte deutlich, dass man „total von Nagelsmann überzeugt ist.“ Der 53-Jähirge nahm vielmehr die FCB-Stars in die Pflicht: „Sobald es gegen Leverkusen wieder losgeht, werden und müssen wir Vollgas geben.“
Interessant ist jedoch: Im Gespräch mit „Sky“ betonte Kahn, dass man „im Moment keine anderen Trainer in Betracht“ zieht. Die Betonung liegt auf „im Moment“.