Kimmich spricht Klartext: „Weniger Charaktere mit Ecken und Kanten“

Andreas Kloo
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Foto: Getty Images

Von Joshua Kimmich war zuletzt wenig zu hören. Nun äußert sich der Bayern-Profi zur Diskussion über fehlende Typen. Er erklärt, wie er selbst seinem Führungsanspruch gerecht werden will.



Joshua Kimmich hat sich in die immer wieder aufkommende Führungsspielerdiskussion im deutschen Fußball eingeschaltet. Auch der Bayern-Star vermisst echte Typen im Fußball, macht dafür aber den Zeitgeist verantwortlich.

„Man hat schon das Gefühl, dass man heutzutage weniger Charaktere mit Ecken und Kanten hat. Es ist aber aufgrund des heutigen Zeitgeists mit Sicherheit auch schwieriger als früher. Heute wird jede kleinste Kante gefühlt dauerdiskutiert, bewertet und am Ende für gut oder schlecht befunden“, sagte Kimmich in einem Beitrag über Führungsspieler in der Münchner tz.

Es sei nachzuvollziehen, warum sich viele Profis nur noch ungern öffentlich äußern: „Es gibt so gut wie keinen Zwischenraum mehr, weniger Akzeptanz und Differenzierung. Das führt verständlicherweise zwangsläufig dazu, dass sich viele diesem Dauerfokus entziehen. Darüber braucht sich dann aber auch keiner wundern.“

Er selbst wolle seinem Führungsanspruch vor allem auf dem Platz gerecht werden. Es gehe in erster Linie darum, die eigene Leistung zu bringen, man müsse vorangehen. „Nur dadurch kann man sich Respekt und Gehör verschaffen. Dann ist es wichtig, das große Bild im Kopf zu haben, sich Gedanken dazu zu machen, Ansprüche zu definieren, Interaktion mit Mitspielern auf und neben dem Platz, sich konkret für die Sache, für die Klubziele einzusetzen.“

Kapitänsbinde beeinflusst Kimmich nicht

Zuletzt hatte Kimmich heftige Kritik einstecken müssen. Sowohl Michael Ballack als auch Boris Becker forderten, Kimmich müsse sich in der Öffentlichkeit deutlicher positionieren.

Becker sagte bei Sky: “Ich finde es schade, dass man von einem so talentierten und motivierten deutschen Nationalspieler seit einem halben Jahr so wenig hört. Wenn ich als Sechser nach rechts hinten geschickt werde, dann bin ich der Erste, der vor der Kamera steht und sage, was ich davon halte. Das ist bei ihm so mir nichts, dir nichts. Zu Zeiten der früheren Bayern-Ikonen wäre Lärm im Wald gewesen.” Ballack forderte, Kimmich solle „auch mal selber vor die Kameras treten.“

Ein äußeres Zeichen, das den Führungsanspruch in einer Mannschaft untermauert, ist die Kapitänsbinde. Dazu sagte Kimmich: „Es ist eine Ehre, sie zu tragen und vereint daher viel Respekt, Demut aber eben auch Verantwortung. Dennoch beeinflusst sie nicht das eigene Handeln. Egal, ob mit oder ohne Binde, man agiert so wie man ist, so wie man Dinge sieht und so wie einen das Gefühl und das Bewusstsein leite.“

Bei den Bayern vertrat der 29-Jährige in der laufenden Saison in zehn Pflichtspielen Manuel Neuer als Kapitän, in der Nationalmannschaft musste Kimmich die Binde im vergangenen Jahr an Ilkay Gündogan abtreten. Im taktischen Gefüge änderte sich Kimmichs Einflussfeld ebenfalls. Beim FCB rückte er aus dem Mittelfeldzentrum auf die rechte Abwehrseite. Gleiches hat Bundestrainer Julian Nagelsmann auch für die bevorstehenden Länderspiele geplant.

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