Luis Díaz hat sich beim FC Bayern auf Anhieb zum Leistungsträger entwickelt. Der 70-Millionen-Mann bringt Tempo, Kreativität und Torgefahr – doch an einem Punkt hapert es noch gewaltig: der Chancenverwertung.
Sieben Tore in 13 Pflichtspielen, dazu mehrere überragende Auftritte in Bundesliga und Champions League – Luis Díaz ist beim FC Bayern angekommen. Der kolumbianische Flügelstürmer gehört zu den auffälligsten Akteuren der Kompany-Elf und ist mit seiner Dynamik und seinem unermüdlichen Offensivdrang kaum aus der Startelf wegzudenken. Dennoch sorgt eine wiederkehrende Schwäche für Unmut: Díaz lässt zu viele Großchancen liegen.
Chancenwucher als wiederkehrendes Problem
Das Beispiel aus Mönchengladbach war symptomatisch. Keine Minute war gespielt, als Díaz völlig frei vor Gladbach-Keeper Moritz Nicolas auftauchte und links am Tor vorbeischoss. „Wir hätten gleich ganz am Anfang das 1:0 machen können“, monierte Sportvorstand Max Eberl später. Die Bayern mussten sich in Geduld üben, ehe Joshua Kimmich in der zweiten Halbzeit den Bann brach.
Doch die Szene war kein Einzelfall. Díaz hat in dieser Saison bereits mehrfach hochkarätige Chancen vergeben – unter anderem in den Partien gegen Wehen Wiesbaden, Augsburg, Dortmund und Brügge. Laut Statistik ließ der 28-Jährige in den ersten acht Bundesliga-Spielen sechs Großchancen ungenutzt – Negativrekord gemeinsam mit Union-Stürmer Andrej Ilic.
In Champions League und DFB-Pokal vergab Díaz jeweils drei weitere sogenannte „Big Chances“ – ebenfalls Höchstwert im Team. Damit entwickelt sich der Kolumbianer trotz seines Offensivdrangs zum „Chancentod“ der Bayern.
Topwerte – aber noch keine Weltklasse
Trotz seiner Schwächen im Abschluss zählt Díaz zu den gefährlichsten Offensivspielern der Bundesliga. Gemeinsam mit Michael Olise führt er mit 30 Torschüssen die Liga an, noch vor Harry Kane (29). Sein „Expected Goals“-Wert (xG) liegt bei 5,18 – ein ordentlicher Wert, der seine hohe Aktivität im Strafraum widerspiegelt.
Doch der Vergleich mit Kane zeigt, woran es noch fehlt: Der englische Superstar erzielte aus einem xG-Wert von 6,47 bereits zwölf Treffer – fast doppelt so viele wie Díaz. Das unterstreicht den Unterschied zwischen einem Topspieler und einem Weltklasse-Stürmer.
Dabei ist Díaz’ Entwicklung grundsätzlich positiv. Unter Vincent Kompany ist er fester Bestandteil des Systems, das stark auf variable Flügelangriffe setzt. Der Belgier sieht die vergebenen Chancen gelassen: „Er erarbeitet sich viele Chancen, weil er immer aktiv ist. Wie kann man jemandem so etwas vorwerfen, wenn er sich immer wieder in diese Position bringt?“, erklärte Kompany auf Nachfrage. „Mir ist wichtiger, dass er in den entscheidenden Momenten trifft, als fünf Tore in einem Spiel zu machen und dann fünf Monate nichts.“
Kompanys Vertrauen in Díaz ist deutlich. Der Trainer sieht in dem Kolumbianer einen Schlüsselspieler für die Balance zwischen Flügelspiel und Abschlussstärke. Auch intern wird Díaz’ Lernwille hervorgehoben – er arbeitet intensiv an seiner Präzision vor dem Tor.
Trotz der verpassten Chancen bleibt der Offensivmann einer der produktivsten Akteure im Bayern-Kader. Sollte es ihm gelingen, seine Abschlüsse zu verbessern, könnte er zu einem der gefährlichsten Flügelspieler Europas aufsteigen.

