Rund um das Heimspiel gegen den SC Freiburg wird es heute Nachmittag ungewohnt ruhig. Doch die geplante Stille in der Allianz Arena ist alles andere als Zufall – sie ist ein Statement.
Die Fans des FC Bayern wollen mit einem 12-minütigen Schweigen ein deutliches Zeichen setzen. Die Südkurve München reagiert damit auf politische Pläne, die tief in die Fankultur eingreifen könnten. Hintergrund ist eine Reihe von Maßnahmen, die auf der anstehenden Innenministerkonferenz Anfang Dezember diskutiert werden sollen. Dazu zählen unter anderem personalisierte Eintrittskarten, der Einsatz von Gesichtserkennung und eine zentrale Kommission für Stadionverbote.
„Wir werden in den ersten zwölf Minuten zeigen, was es bedeutet, wenn Fankultur zerstört wird. Die ersten zwölf Minuten werden still sein“, kündigte Fabian Stammberger von der Schickeria München an. Mit ihrer Protestform wollen die Ultras deutlich machen, was sie von den geplanten Regelungen halten – nämlich nichts.
Kritik an Ticket-Pflicht und zentraler Verbotsstelle
Die geplante Einführung personalisierter Tickets ist eines der am meisten umstrittenen Vorhaben. Vertreter der Politik argumentieren, dass damit anonymes Verhalten erschwert und Gewalt präventiv eingedämmt werden könne. Fanorganisationen sehen darin hingegen eine massive Einschränkung ihrer Rechte und kritisieren vor allem den Generalverdacht gegen alle Stadionbesucher. Zudem zweifeln sowohl Vereine als auch Sicherheitsdienste daran, dass eine Kontrolle von Ticket und Ausweis bei zehntausenden Besuchern praktikabel ist.
Auch die Idee einer zentralen Stadionverbotskommission stößt auf Widerstand. Diese soll nach Plänen der Innenminister mit umfassenden Weisungsrechten ausgestattet werden. Die Fanvertretung Fanhilfen warnte, dass ein solches Gremium die Gefahr willkürlicher Verbote erhöhe und „zu weniger Gerechtigkeit führen“ könne. Besonders kritisch sehen sie die Vorstellung, dass schon ein laufendes Ermittlungsverfahren für ein monatelanges Stadionverbot ausreichen soll.
„Ein größerer Feind als unsere Rivalität“

Der Unmut bleibt nicht auf München beschränkt. Bereits vor wenigen Tagen demonstrierten laut Polizei rund 8000 Fans aus ganz Deutschland in Leipzig gegen die geplanten Maßnahmen – laut Veranstaltern waren es sogar 20.000. Es war die größte Fan-Demo seit über einem Jahrzehnt. Trotz rivalisierender Gruppen blieb die Versammlung friedlich. Der Grund dafür liegt für viele auf der Hand: „Es ist klar geworden, dass es einen größeren Feind als unsere Rivalität gibt: Polizei und Politik“, erklärte ein Sprecher der Demonstration.
Im Zentrum der Kritik steht auch die mangelnde Transparenz. Die Besprechungen der eingesetzten Arbeitsgruppen finden hinter verschlossenen Türen statt – ohne Einbindung der Fanszene. „Aus Angst vor Widerspruch und Protest werden unter strengster Geheimhaltung weitreichende Maßnahmen festgelegt“, kritisierte Danny Graupner vom Fan-Dachverband. Die Forderung vieler Gruppen lautet deshalb: Dialog statt Abschottung.
Zudem stellen Fans und Vereine die Notwendigkeit von grundsätzlichen Maßnahmen infrage. Denn aktuelle Polizeistatistiken zeigen: Die Zahl der Gewaltvorfälle in deutschen Stadien ist zuletzt zurückgegangen – trotz gestiegener Pyrotechnik-Vorfälle. Die Sicherheitslage hat sich laut offiziellen Zahlen also nicht verschärft, was viele Fangruppen in ihrer Kritik an den politischen Plänen bestätigt.
Ob die Proteste Wirkung zeigen, wird sich bei der Innenministerkonferenz in Bremen vom 03. bis zum 05. Dezember zeigen. Auch andere Fanszenen planen, wie die Münchner, zu Beginn des 11. Bundesliga-Spieltags für zwölf Minuten zu schweigen.
