Dass Mainz 05 in der Allianz Arena nicht als spielbestimmende Mannschaft auftreten würde, war absehbar. Dass die Rheinhessen dort dennoch Geschichte schreiben würden, hingegen kaum.
Urs Fischer entschied sich bei seinem Gastspiel in München für einen kompromisslos defensiven Ansatz. Tief stehen, Räume schließen, auf Fehler lauern – ein Spielstil, der von vielen Bayern-Fans als „Haram-Ball“ verspottet wurde. Ästhetisch war das Aufeinandertreffen tatsächlich einseitig, statistisch sogar extrem.
Der FC Bayern kam auf 85 Prozent Ballbesitz – ein Saisonhöchstwert. Zum Vergleich: Im Bundesliga-Schnitt liegt die Mannschaft von Vincent Kompany bei rund 62 Prozent. Auch bei den Pässen war das Kräfteverhältnis brutal. 885 gespielte Pässe aufseiten der Münchner standen gerade einmal 104 Mainzer Zuspielen gegenüber. Zahlen, die eher an ein Trainingsspiel erinnern als an ein Duell zweier Bundesligisten.
Auch im letzten Drittel diktierte der Rekordmeister das Geschehen nach Belieben. 24 Torschüsse, neun Großchancen – alles sprach für einen souveränen Heimsieg. Mainz hingegen brachte es auf lediglich fünf Abschlüsse. Doch genau hier liegt der Kern dieser kuriosen Geschichte.
Maximale Effizienz schlägt maximale Kontrolle
Zwei der fünf Mainzer Abschlüsse waren echte Großchancen – und beide landeten im Netz. Eine Effizienz, die in München Seltenheitswert hat und letztlich der Grund dafür war, dass der Tabellenletzte einen Punkt aus der Allianz Arena entführen konnte. Besonders verrückt: Bis kurz vor Schluss lag Mainz sogar mit 2:1 in Führung.
Erst ein später Elfmeter von Harry Kane in der 87. Minute bewahrte den FC Bayern vor der ersten Bundesliga-Niederlage der laufenden Saison. Für die Münchner fühlte sich das Remis dennoch wie ein verlorenes Spiel an, für Mainz hingegen wie ein kleiner Sieg.
Die eigentliche Dimension dieses 2:2 offenbart sich beim Blick in die Bundesliga-Geschichtsbücher. Mainz ist das erste Tabellenschlusslicht seit fast 20 Jahren, dem es gelungen ist, auswärts beim Spitzenreiter zu punkten. Zuletzt hatte dies der 1. FC Köln im April 2006 geschafft – ebenfalls mit einem 2:2 beim FC Bayern.
Ein statistisches Ausreißerspiel, das kaum erklärbar scheint. Extreme Dominanz einerseits, maximale Effizienz andererseits. Für den FC Bayern ein Warnsignal, dass Kontrolle allein nicht immer reicht. Für Mainz 05 ein historischer Abend – und ein Punkt, der sich trotz aller Zahlen wie ein kleines Wunder anfühlt.

