Max Eberl
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Der FC Bayern gehört zweifellos zu den traditionsreichsten und erfolgreichsten Fußballclubs der Welt. Doch die CL-Bilanz in den letzten Jahren lässt zu wünschen übrig. Nach dem neuen Viertelfinal-Aus (zum vierten Mal in den letzten fünf Jahren) ist jedoch deutlich geworden: Der Abstand zur absoluten Spitze scheint größer geworden zu sein. Es stellen sich daher wichtige Fragen: Was läuft derzeit schief? Und vor allem – was muss sich ändern, damit Bayern wieder dauerhaft international konkurrenzfähig wird?

Kaderqualität: Breite allein reicht nicht aus

Der Bayern-Kader gehört auch in dieser Saison zu den teuersten Europas. Doch Quantität ersetzt keine echte Qualität auf Schlüsselpositionen. Vor allem die Defensive offenbarte in den diesjährigen CL-Spielen erneut zahlreiche Schwächen – sowohl in der Innenverteidigung als auch auf den Außen. Die Situation in der Bundesliga ist nicht anders, da der FCB bislang rund 7 Tore mehr kassierte, als nach xG-Metriken erwartet wurde. Tatsächlich gilt Bayern bei den besten Wettanbietern des Jahres als ein Garant für Tore – mit 3,87 Treffern im Schnitt und 77% der Ligaspiele mit mehr als drei Toren. Auch Specials wie beide Treffen waren bislang äußerst gewinnbringend: Denn knapp 60% der Bayern-Spiele in der Bundesliga endeten mit Toren auf beiden Seiten.

Die Abwehr ist jedoch nicht die einzige ausbaufähige Stelle. Im Mittelfeld fehlte es nämlich an einem echten Taktgeber – einem Spielertyp wie Xabi Alonso oder Toni Kroos, der Tempo und Rhythmus diktieren kann. Spieler wie Kimmich oder Goretzka sind zwar erfahren und zweikampfstark, aber es fehlt oft an strategischer Tiefe, gerade gegen Top-Gegner. Musiala ist unumstritten ein Riesentalent, doch ihm allein kann man die kreative Verantwortung nicht aufbürden.

System, Philosophie und Langfristigkeit beim Trainer

Seit dem Abschied von Hansi Flick in 2021 hatte Bayern mit Nagelsmann, Tuchel und Kompany drei verschiedene Cheftrainer. Kontinuität an der Seitenlinie sieht definitiv anders aus. In internationalen Top-Teams wie Real Madrid oder Manchester City erkennt man hingegen eine klare Philosophie, gewachsen über Jahre hinweg. Ein Trainer braucht nicht nur Fachkompetenz, sondern auch Rückendeckung vom Verein – und natürlich auch Zeit, seine Ideen umzusetzen. Sei es Vincent Kompany oder jemand anderes: Bayern muss sich unbedingt klar zu einem Trainer bekennen und ihm auch in Übergangsphasen Vertrauen schenken.

Transferpolitik und Nachwuchsförderung

In den letzten Jahren hat sich der FC Bayern auf dem Transfermarkt immer wieder verzettelt. Während andere Spitzenclubs gezielt auf Schlüsselposition investieren, kaufte Bayern oft nach dem Gießkannenprinzip. Beispielhaft ist der Transfer von Sadio Mane – ein großer Name, aber letztlich ein Missverständnis im Bayern-System. Auch Spieler wie Sabitzer, Gravenberch oder zuletzt auch Palhinha konnten sich nicht durchsetzen, was auf ein grundlegendes Problem in der Kaderplanung hindeutet.

Gleichzeitig bleibt der Übergang von der Jugend zu den Profis eine der größten offenen Baustellen. Im Gegensatz zu Dortmund oder RB Leipzig, die regelmäßig junge Talente in die erste Mannschaft integrieren und mit Gewinn weiterverkaufen, ist Bayern diesbezüglich oft zögerlich. Zwar gibt es Ausnahmen wie Musiala oder Pavlovic, doch insgesamt fehlt es an echter Durchlässigkeit bei der Nachwuchsförderung.

Fazit: CL-Aus als ein Weckruf!

Das erneute Champions League-Aus darf nicht als Einzelfall betrachtet werden, sondern muss als Weckruf dienen. Nur mit einem klaren, langfristigen Plan, echten Führungspersönlichkeiten auf und neben dem Platz, strategischer Transferpolitik und Mut zur Veränderung kann der Verein wieder an die europäische Spitze zurückkehren. Auf dem höchsten Niveau geht es nicht nur um Taktik und Technik – es geht um Mentalität, und man bekommt den Eindruck, dass genau das fehlt.

Der FCB hat zweifellos das Potenzial, wieder ein dominanter Faktor im europäischen Vereinsfußball zu werden. Doch dafür braucht es viel mehr als einzelne Maßnahmen – es braucht eine klare Gesamtstrategie. Die Frage ist nicht, ob Bayern zurückkehren kann. Die Frage ist: Wann – und wie entschlossen er diesen Weg geht.