Bundestrainer Julian Nagelsmann spricht erstmals über die Umstände seiner Entlassung beim FC Bayern. Er stellt die Geschehnisse anders dar und kritisiert Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic.
Für Julian Nagelsmann ist der Rauswurf beim FC Bayern vor einem knappen Jahr sicherlich eines der größten Negativerlebnisse in seiner Trainerkarriere. Im Interview mit dem Spiegel hat Nagelsmann nun erstmals über die turbulenten Tage im März 2023 gesprochen.
Dabei betonte er, dass die Dinge anders abgelaufen seien als von der damaligen Bayern-Führung kommuniziert und wehrt sich gegen Vorwürfe.
Mit einer 1:2-Pleite in Leverkusen hatten die Bayern neun Punkte Vorsprung auf Borussia Dortmund verspielt. Da aufgrund der Länderspielpause ohnehin wenig Spieler vor Ort in München waren, entschloss sich Nagelsmann in der darauffolgenden Woche zu einem spontanen Skiurlaub in Österreich.
Allerdings sei er erst später nach Österreich aufgebrochen als vom FC Bayern damals behauptet. „Mir wurde damals vorgeworfen, ich sei nach einer Niederlage gegen Bayer Leverkusen nicht erreichbar gewesen. Das stimmte einfach nicht. Ich war von Montag bis Mittwoch ganz normal im Büro am Trainingsgelände an der Säbener Straße. Als Einziger übrigens, sonst war keiner der Verantwortlichen da. Ich bin dann Mittwochmittag bis Freitagmorgen in den Kurzurlaub gefahren. Das war auch so genehmigt“, so Nagelsmann.
Doch dann erfuhr er in Österreich wie aus heiterem Himmel von seiner Entlassung.
Nagelsmann will künftig vorsichtiger sein
Wie Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic mit ihm damals umgegangen sind, scheint noch immer an ihm zu nagen. „Wir haben besprochen, wie wir gemeinsam vorgehen möchten, wenn ein Worst-Case-Szenario eintritt. Doch in Realität war alles anders“, fasste Nagelsmann zusammen.
Er blicke seitdem anders auf das Fußballgeschäft: „Das, was nach einer Trennung nach außen kommuniziert wird, hat mit der Realität wenig zu tun. Im Fußball geht es nicht immer supernett zu.“
Künftig werde er vorsichtiger vorgehen, sagte der 36-Jährige: „Es stellt sich die Frage: Wie offen werde ich in Zukunft den Protagonisten dieser Branche gegenüber sein? Wenn die Leute nach einer Niederlage aufhören zu reden, weiß man, dass etwas nicht stimmt. Bei allen Vereinen, bei denen ich gearbeitet habe, habe ich mir immer gewünscht, dass sie mir offen sagen würden, wann sie einen neuen Trainer wollen. Ich würde damit klarkommen und trotzdem das nächste Spiel gewinnen wollen. Das versteht sich von selbst, schließlich geht es um meine Karriere. Doch es mangelt an Offenheit im Geschäft.“
Nagelsmann hätte sich mehr Geduld gewünscht
Nagelsmann war im Sommer 2021 vom RB Leipzig zum FC Bayern gewechselt und gewann mit den Münchnern 2022 die Meisterschaft. Gerne hätte er seinen Fünf-Jahres-Vertrag erfüllt, wie er durchblicken ließ.
Explizit verweist er auf andere internationale Top-Klubs: „Ich wurde bei Bayern verpflichtet mit der Maßgabe, Dinge zu verändern. Es gibt Klubs, die geben einem die Zeit. Jürgen Klopp war fünf Jahre beim FC Liverpool, bis er dort erstmals Meister wurde. Pep Guardiola holte erst nach sieben Jahren den Champions-League-Titel mit Manchester City. Es gibt Klubs, die geben einem die Zeit. Die Trainer bei Bayern München bekommen nicht so viel Zeit, um etwas zu entwickeln.“