Der FC Bayern scheitert im Achtelfinale des DFB-Pokals an Bayer Leverkusen. FCBinside liefert drei Erkenntnisse zur Partie.
Den ersten Titel kann der FC Bayern abhaken, im Pokal flogen die Münchner gegen Titelverteidiger Leverkusen raus. Gegen die Werkself setzte es eine 0:1-Heimpleite. Das Spiel lieferte folgende Erkenntnisse:
1. Neuer muss hinterfragt werden
Der Platzverweise von Manuel Neuer war spielentscheidend. Natürlich kann man den Torwart nicht zum Alleinschuldigen machen. Doch wenn man sieht, wie die Mannschaft 70 Minuten lang zu zehnt gegen die Werkself auftrat, liegt der Schluss nahe, dass man sich in voller Besetzung gegen die defensiven Leverkusener durchgesetzt hätte.
Die Rote Karte – es war der erste Platzverweis in Neuers Karriere – war absolut unnötig. Der 38-Jährige hätte in dieser Situation nicht aus dem Tor kommen dürfen. Konrad Laimer wäre wohl noch in der Lage gewesen, Frimpong abzudrängen. Weil der Ball hoch aufsprang, hätte der Leverkusener ihn auch erstmal unter Kontrolle bringen müssen.
Das sind viele Konjunktive. Fest steht: Durch sein ungestümes Foul und den resultierenden Platzverweis hat Neuer seiner Mannschaft die Chance auf einen Titel gekostet. Wie schon in der vergangenen Saison, als er mit seinem Fehler verantwortlich für die Halbfinal-Niederlage bei Real Madrid in der Champions League war.
Wie schon damals stellten sich seine Mitspieler und die Verantwortlichen schützend vor Neuer. Bei Sportvorstand Max Eberl klang im Interview bei Sky nach dem Spiel aber auch Kritik durch: „Manuel Neuer ist normalerweise ein sehr schlauer Torhüter“, stellte der Bayern-Boss fest. Normalerweise. Die Verantwortlichen müssen Neuer spätestens nach seiner Aktion gegen Leverkusen hinterfragen.
Immer wenn Neuer für Fehler kritisiert werden muss, wird schnell auf seine Leistungen in der Vergangenheit verwiesen – diesen Reflex gibt es auch bei Teilen der Bayern-Fans. Es ist ja auch nicht von der Hand zu weisen: Neuer war über viele Jahre der beste Torwart der Welt und hat das Spiel auf seiner Position revolutioniert. Er hat für die Bayern zahlreiche Spiele und Titel gewonnen. Doch zuletzt kostete er den Verein auch Spiele und Titel. Siehe Madrid und Leverkusen.
Nur weil die Position des Torhüters eine besondere und besonders exponierte ist, kann es sich ein Klub wie der FC Bayern nicht leisten, in die Bewertung eines Spielers immer wieder in die Vergangenheit zu schauen. Zahlreiche verdiente Feldspieler hatten beim deutschen Rekordmeister trotz großer Vergangenheit irgendwann keine Zukunft mehr. Nach der Saison läuft der Vertrag von Manuel Neuer aus. Wie es dann weitergeht, müssen die Bayern-Verantwortlichen nach klarer Analyse der aktuellen Saison entscheiden. Neuers fraglos glorreiche Vergangenheit darf dabei keine Rolle mehr spielen.
2. Bayern hat ein Topspiel-Problem
Warum hat der FC Bayern in dieser Saison ein Problem gegen Top-Gegner? Auf diese Frage reagierten Sportvorstand Eberl und FCB-Routinier Thomas Müller sensibel. Was meist ein Zeichen ist, dass eine Frage nicht ganz unberechtigt ist.
Eberl pampte einen Reporter an, als dieser das Thema ansprach. Die Analyse des Problems fiel bei Eberl kurz aus: „Das ist mir scheißegal“, diktierte der FCB-Boss.
Müller zeigte sich bei dem Thema auch genervt. „Es gibt bestimmt ein paar schlaue Füchse, die das Ganze auch mit ein paar Daten unterfüttern können“, sagte er ironisch. Ein allzu schlauer Daten-Fuchs muss man nicht sein, um zu erkennen, dass die Bayern ein Topspiel-Problem haben.
Mit 1:0 gewinnen konnte man gegen PSG in der Champions League. Keinen Sieg gab es dagegen zweimal gegen Leverkusen, sowie gegen Dortmund, Barcelona, Frankfurt und Aston Villa. Um Titel zu gewinnen, muss man allerdings irgendwann die starken Gegner schlagen.
Das hat man jetzt gegen Leverkusen im Pokal erlebt, der erste Titel ist damit futsch, der Traum vom Triple erledigt. In der Champions League und bei der Klub-WM muss man auch gegen Topteams bestehen. Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache. Gegen die hochklassigen Gegner tun sich die Bayern schwer.
3. Der FCB braucht einen Kane-Ersatz
Gegen Leverkusen mussten die Bayern Top-Torjäger Harry Kane ersetzen, der sich in Dortmund einen „kleinen Muskelfaserriss“ zugezogen hatte. Trainer Vincent Kompany entschied sich für eine Lösung ohne klaren Mittelstürmer. Michael Olise spielte im Angriff, zog aber immer wieder auf die rechte Seite, Jamal Musiala stieß zeitweise in die Spitze und auf den Flügeln sollten Kingsley Coman und Leroy Sané wirbeln.
Nach Neuers Platzverweise in der 17. Minute musste Sané dann ausgewechselt werden – danach wurde die Offensive zwangsweise eh durchgewürfelt.
Kompanys kreative Antwort auf den Kane-Ausfall zeigte, dass die Bayern keinen echten Backup für den Superstar haben. Den Vertrag von Eric Maxim Choupo-Moting ließ man im Sommer auslaufen – mit der Begründung, dass Youngster Mathys Tel die Rolle des Ersatzmannes für Kane übernehmen soll. Doch in dieser Rolle sieht Kompany den Franzosen nicht. Wenn er Tel mal Spielzeit gibt, dann als Flügelspieler. Gegen Leverkusen hätte er in Kanes Abwesenheit seinen großen Auftritt haben können, es blieb aber nur ein Bankplatz für Tel.

Nun wird Kane wohl nicht lange ausfallen, doch für die Bayern-Bosse sollte die aktuelle Situation eine Warnung sein. Sollte der 31 Jahre alte Top-Stürmer mal länger ausfallen, bekommt man ein echtes Problem.
Das scheint man bei der Kaderplanung im Sommer unterschätzt zu haben. Wollen die Bayern auf Nummer sicher gehen, sollte man sich schon im Winter nach einem Mittelstürmer als echten Kane-Backup umschauen.