Joshua Kimmich spricht in einem Interview über Erwartungen von außen und die Bedeutung von Ehrgeiz. Außerdem erklärt der Bayern-Profi, warum ihn Kritik gar nicht so sehr interessiere.
Gerade in dieser Saison musste Joshua Kimmich viel Kritik einstecken. Dabei ging es nicht nur um seine angeblich fehlende Eignung als Sechser oder seine Eckstöße. Zuletzt wurde ihm von Michael Ballack und Boris Becker auch angeraten, als Führungsspieler des FC Bayern in der Öffentlichkeit anders aufzutreten.
Nach einer ersten Antwort, in der der 29-Jährige seine Vorstellungen von der Anführerrolle skizzierte, hat er nun in einem Interview mit der Welt am Sonntag nachgelegt.
Zum Thema öffentliche Erwartungen sagte Kimmich dabei: „In Bezug auf uns Fußballprofis wird oft von der Vorbildrolle gesprochen und dann geht es meist über Charaktere, über Typen. Ich für mich drehe den Spieß in der Debatte um und versuche, mir keine Gedanken darüber zu machen, was die Menschen von mir eventuell erwarten.“
Er selbst sage sich immer: „‚Sei, wie du bist, bleib, wie du bist‘- und wenn das der eine oder andere gut findet, nimmt er dich zum Vorbild. Und wenn er es nicht gut findet, dann eben nicht.“
Dem Nationalspieler geht es um Authentizität: „Ich möchte den Menschen nicht gefallen durch eine Art, die nicht meine ist. Ich will so sein, wie ich bin. Mir ist bewusst, dass ich manchmal vielleicht anecke, aber das ist es mir nicht wert, mich deshalb zu verstellen.“
Ehrgeiz für Kimmich eine Tugend
Kimmich wird unter anderem auch vorgeworfen, dass er auf dem Platz oft sogar zu viel wolle und sich dadurch selbst im Weg stehe. Ist er zu ehrgeizig? Der Bayern-Star teilt diese Meinung nicht: „Das ist etwas, was von außen hineininterpretiert wird. Für mich ist das mein Weg.“
Kimmichs Weg führte vom Nachwuchsleistungszentrum des VfB Stuttgart über den damaligen Zweitligisten RB Leipzig zum FC Bayern. Beim Rekordmeister schaffte er schnell den Sprung in die Nationalmannschaft.
Im Rückblick auf diese Stationen will Kimmich Ehrgeiz nicht nur als etwas Negatives sehen: „Ich musste mir immer alles hart erarbeiten. Natürlich kann zu viel Ehrgeiz auch mal schädlich sein, trotzdem ist das für mich eine Tugend, die mich dahin gebracht hat, wo ich heute bin.“
Er gewährte Einblicke in schwierigere Phasen: „Wissen Sie, ich war in der Jugend nie der Überflieger. Ich hatte früher körperliche Nachteile und bin meist aus der zweiten Reihe gestartet, insofern weiß ich, wie es ist, für etwas zu kämpfen. Davon profitiere ich heute.“
Mittlerweile ist Kimmich achtfacher Deutscher Meister sowie Champions-League-Sieger. Meinungen von außen interessieren ihn nicht mehr so sehr: „Ich habe gelernt, mir einzugestehen, dass ich viele Dinge nicht beeinflussen kann. Was ich beeinflussen kann, ist das, was auf dem Platz oder zu Hause passiert.“
Vor allem seine Rolle als Familienvater habe ihn verändert: „Es gibt da keinen Raum, der durch den Fußball ausgefüllt wird. Das genieße ich“, sagte Kimmich, der inzwischen vier Kinder hat.