„Nicht nur auf Bilanzen gucken“ – Matthäus watscht Bayern-Bosse ab

Andreas Kloo
Foto: IMAGO

„Ich bin nicht das einzige Problem“, sagte Trainer Thomas Tuchel auf der ersten Pressekonferenz, nachdem sein Aus beim FC Bayern verkündet worden war. Rekordnationalspieler Lothar Matthäus sieht das genauso. Die Bayern-Legende hat auch abseits des Rasens Probleme bei den Münchnern ausgemacht.

Die fehlende Sportkompetenz in der Führungsebene sei ebenfalls ein Grund für die aktuelle Krise des FCB, dem eine titellose Saison droht.

„In vielen Teilen des Vereins fehlt das, was den FC Bayern auch immer ausgemacht hat: Führungskräfte, die auch aus dem Fußball kommen. Es braucht hier Leute, die nicht nur auf Bilanzen gucken, sondern sich auch im Sport auskennen. Bayern München ist keine Bank!“, echauffierte sich Matthäus im Interview mit der Augsburger Allgemeinen.

Mit Blick auf die aktuell amtierenden Bayern-Bosse sagte Matthäus: „Die Vorstände Jan-Christian Dreesen, Michael Diederich, Andreas Jung kommen aus dem Finanzsektor, Präsident Herbert Hainer aus der Wirtschaft.“

Was Jung angeht, irrt Matthäus jedoch. Der langjährige Bayern-Funktionär, der im Juni aus dem Vorstand ausscheiden wird, ist bereits seit 28 Jahren beim Verein im Marketing tätig. Seine beruflichen Anfänge erlebte er im Radsport.

Grundsätzlich hat Matthäus aber recht, wenn er mit Blick auf ein Gruppenbild beim letzten Champions-League-Bankett sagt: „Es war ein Tisch voll mit erfolgreichen Leuten, aber keiner von ihnen hat Fußball gespielt. Es sind reine Fußballfans.“

Matthäus wünscht sich Leute mit Stallgeruch

Für den 62-Jährigen kein Vergleich zu der Zeit, als er noch selbst bei den Bayern als Spieler aktiv war: „Wenn einer aus dieser Riege aufsteht und eine Rede hält: Glauben Sie, dass der die Spieler erreicht? Wer steht dann da auf? Ich weiß, wie es war, wenn Franz Beckenbauer nach einer Niederlage von der Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft losgepoltert hat! Da bist du selbst als Nationalspieler strammgestanden.“

Diese Kultur wünscht sich Matthäus bei den Bayern zurück: „Jetzt soll alles fein und nett sein – aber Bayern München ist nicht fein und nett, sondern da poltert es auch mal, da wird es auch mal laut, das gehört dazu.“

Man brauche beim FCB wieder Leute wie Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge oder Franz Beckenbauer in der Führung. Leute, „die das Geschäft auf dem Rasen kennen, den Stallgeruch haben. Auch Leverkusen setzt im Management doch mit Simon Rolfes auf eine Figur, die als Kapitän Vereinsgeschichte geschrieben hat. Du blickst als Spieler anders auf solche Personen, das ist einfach so.“

Die gute Nachricht für Matthäus: In dieser Woche wird Max Eberl seinen Posten als Sportvorstand beim FC Bayern antreten, um die von Matthäus festgestellte Lücke in der Münchner Führungsetage auszufüllen. Die Fußball-Kompetenz des langjährigen Managers von Borussia Mönchengladbach ist sicherlich unbestritten.

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