Die Bundesliga-Saison 2023/2024 kann der FC Bayern als misslungen abhaken. War die Verpflichtung Thomas Tuchels also ein Fehler? Nicht unbedingt. Die Verantwortlichen des Rekordmeisters profitieren zum Teil auch von der Arbeit des Coaches.
Zum ersten Mal seit zwölf Jahren wird der FC Bayern die Deutsche Meisterschaft in dieser Saison verpassen. Das steht bei 13 Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Bayer Leverkusen nahezu fest. Dass Trainer Thomas Tuchel im Sommer vorzeitig gehen muss, ist angesichts der misslungenen Bundesliga-Saison nicht verwunderlich. Und doch sind die Bayern-Bosse Tuchel für seine geleistete Arbeit zum Teil auch dankbar, wie der kicker in seiner aktuellen Ausgabe schreibt.
Denn immerhin hat der Coach der Führungsriege des Rekordmeisters die gesamte Saison über deutlich die Missstände vor Augen geführt, die beim FC Bayern vorherrschen. Missstände, die auch Ehrenpräsident Uli Hoeneß nicht entgangen sind: „Diese Larifari-Mentalität, die teilweise entstanden ist in den letzten ein, zwei Jahren, die wird wieder aufhören“, übte er im BR-Interview deutliche Kritik an der Mannschaft.
„Ich denke, ich bin nicht das einzige Problem“, betonte Tuchel auch bei der ersten Pressekonferenz, nachdem sein Abschied im Sommer feststand. Dem Vorstand hat er nach eigenen Aussagen eine schonungslose Analyse über die Probleme des Teams vorgelegt.
Schonungslos. So trat Tuchel von Beginn seiner Bayern-Zeit an auf. Den Stellenwert und die Rollen einiger Spieler stellte er konsequent infrage. Und machte damit auch klar, dass die festgefahrenen Strukturen innerhalb des Teams einer Weiterentwicklung im Wege stehen. Drei Punkte sprach Tuchel immer wieder an.
1. Die Zeit des Duos Kimmich und Goretzka ist vorbei
Die über viele Jahre erfolgreich agierende Doppelsechs aus Joshua Kimmich und Leon Goretzka wollte Tuchel schon zu Saisonbeginn auflösen und forderte von den Bossen die Verpflichtung einer Holding Six. Doch der Deal mit Joao Palhinha scheiterte kurz vor Transferschluss.
Im Nachhinein darf sich Tuchel aber bestätigt fühlen. Dass es mit Kimmich als Rechtsverteidiger und dem jungen Aleksandar Pavlovic im Zentrum in den vergangenen Wochen deutlich besser lief, war unübersehbar. Als Pavlovic gegen den BVB ausfiel, fehlte den Bayern im Mittelfeld prompt wieder die Kontrolle.
2. Müller ist ein Auslaufmodell
Thomas Müller hat sich bei den Bayern längst Legendenstatus erarbeitet. Trotzdem wird der 34-Jährige immer mehr zu einem sportlichen Auslaufmodell.
Auch das führte Tuchel den Verantwortlichen vor Augen, indem er den Routinier in der Vorrunde häufig auf die Bank setzte. Innerhalb des Teams sorgte das jedoch für Unruhe. Unrecht hat Tuchel aber offenbar nicht. Müllers Fehler am Samstag führte zum frühen Gegentor gegen den BVB. Auch beim DFB-Team nimmt er nur noch die Rolle des Jokers ein.
3. Zu dünner Kader
Immer wieder wies Tuchel zudem daraufhin, dass der Kader des FC Bayern nicht breit genug sei, um mit den internationalen Top-Teams mithalten zu können. Durch Winter-Transfers wie die Verpflichtung von Eric Dier so wie die Rückkehr der lange Verletzten Serge Gnabry und Kingsley Coman besserte sich die Situation zuletzt. Der Konkurrenzkampf sei „nun so, wie wir uns das eigentlich die ganze Zeit gewünscht haben“, sagte der Coach vor dem Duell mit Borussia Dortmund. Auch dieser Satz enthält noch einmal versteckte Kritik.
Dass Tuchels offene Worte bei Kimmich oder Müller nicht gut ankamen, versteht sich von selbst. Andere Spieler beeindruckte er damit umso mehr. Kapitän Manuel Neuer hält große Stücke auf den Trainer, auch sein Torhüterkollege Sven Ulreich lobte Tuchel zuletzt ebenfalls: „Er macht einen super Job, er ist ein top top Trainer. Er hat super Arbeit geleistet hier, auch wenn es nach außen hin weniger so dargestellt wurde. ”