Taktisches Genie oder Kontrollfreak? So tickt Bayern-Trainer Thomas Tuchel

Alex Frieling
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Thomas Tuchel gehört zu den taktisch versiertesten Trainern in Europa. Seine Fähigkeit, eine Mannschaft zu formen, hat ihm in der Vergangenheit große Erfolge beschert. Doch es gibt auch kritische Stimmen, die behaupten, dass Tuchel ein Kontrollfreak sei und zu viel Wert auf Taktik legt, anstatt seinen Spielern Freiheiten zu geben. Wir werfen einen genaueren Blick auf die Arbeit von Thomas Tuchel und schauen darauf, ob er tatsächlich ein taktisches Genie oder ein Kontrollfreak ist.

Dass Thomas Tuchel ein absoluter Top-Trainer ist, hat er bei seinen beiden letzten Stationen in London und Paris unter Beweis gestellt. Ein genauerer Blick auf die Mannschaften von Tuchel und dessen Arbeit zeigen: Die Bayern können viel von ihrem neuen Coach erwarten.

Taktische Ausrichtung: Flexibilität, defensive Stabilität und Spielkontrolle

Tuchel ist bekannt für seine taktische Flexibilität und die Fähigkeit, sein System an die Stärken seiner Mannschaft anzupassen. In der Vergangenheit hat er sowohl mit einer Vierer- als auch einer Dreierkette gespielt und dabei stets für Überraschungen gesorgt.

Ein Blick auf die Statistiken zeigt, dass Tuchels taktische Ausrichtung seine Mannschaften in der Regel erfolgreicher macht. Bei Borussia Dortmund erreichte er in seiner ersten Saison eine Passgenauigkeit von 82,9%, während er in seiner zweiten Saison eine Passgenauigkeit von 84,5% erreichte. Bei Paris Saint-Germain betrug die Passgenauigkeit in der Saison 2020/21 unter Tuchel beachtliche 90,3%.

Ab dem Zeitpunkt, als der 49-Jährige im Januar 2021 das Amt des Chelsea-Trainers übernahm, hat seine Mannschaft die zweitwenigsten Gegentore in der Premier League kassiert. Nur Manchester City hat in diesem Zeitraum weniger Gegentore zugelassen. In der Saison 2020/21 hatte Chelsea unter Tuchel die beste Defensive in der Premier League. In 19 Spielen kassierte die Mannschaft nur 16 Gegentore.

Unter ihm haben die Blues in der Saison 2020/21 den höchsten Ballbesitzanteil aller Mannschaften in der Premier League gehabt – was durchaus besonders ist, wenn man bedenkt, dass Pep Guardiola zu der Zeit ebenfalls auf der Insel tätig war. Im Schnitt hatten die Londoner in jedem Spiel 62,2% Ballbesitz. Tuchels Chelsea-Mannschaft hat zusätzlich in der Saison 2020/21 die meisten abgefangenen Bälle in der Premier League verzeichnet.

Ein weiteres Thema, das oft mit Tuchel in Verbindung gebracht wird, ist Kontrolle und Disziplin. Tuchel ist dafür bekannt, eine klare Hierarchie innerhalb seiner Mannschaften zu schaffen und sehr strikte Regeln aufzustellen. Die Statistiken zeigen jedoch, dass Tuchels Kontrollfreak-Image möglicherweise übertrieben ist. Bei Paris Saint-Germain hatte Tuchel in der Saison 2020/21 eine Disziplin-Quote von 3,3 Fouls pro Spiel, während die durchschnittliche Anzahl von Fouls pro Spiel in der Ligue 1 bei 12,6 lag.

Nagelsmann-System bleibt bestehen? Tuchel ist ein Dreierketten-Fan

Während seiner Karriere hat Thomas Tuchel oft auf die 3-4-3-Formation gesetzt. Auch bei Paris Saint-Germain wollte er dieses System damals einführen, Medienberichten zufolge stellte sich aber die Mannschaft gegen diese Änderung – die Viererkette blieb schlussendlich bestehen. Diese Formation bietet eine gute Balance zwischen Angriff und Verteidigung und kann je nach Bedarf sowohl offensiv als auch defensiv ausgerichtet werden.

Vor allem die Tatsache, dass Julian Nagelsmann die Dreierkette bei den Münchnern bereits etabliert hat, könnte dafür sorgen, dass Thomas Tuchel schneller an der Säbener Straße Fuß fassen kann.

Der gebürtige Schwabe setzte diese Formation auch während seiner Zeit bei Chelsea durch und hatte damit großen Erfolg. Insbesondere in der Rückrunde der Saison 2020/21 führte er seine Mannschaft mit dieser Taktik zum Gewinn der Champions League. Allerdings ist Tuchel auch bekannt dafür, seine Formationen und Taktiken je nach Gegner und Spielsituation anzupassen. Er ist ein taktisch flexibler Trainer, der in der Lage ist, seine Mannschaft auf unterschiedliche Weise auf das Spiel vorzubereiten.

Champions-League-Titel im Rücken: Tuchels Erfolge lassen viel versprechen

Tuchels Erfolge als Trainer sprechen eine klare Sprache. In der Saison 2019/20 gewann er mit Paris Saint-Germain das französische Triple, das aus der Ligue 1, dem französischen Pokal und dem französischen Ligapokal besteht. Bei Borussia Dortmund gewann er in der Saison 2016/17 den DFB-Pokal.

In der Saison 2020/21 führte Tuchel den FC Chelsea zum Titel in der Champions League. Im Finale besiegte die Mannschaft Manchester City mit 1:0 und sicherte sich damit den wichtigsten europäischen Vereinspokal. Es war Tuchels erster Triumph in der Champions League.

Er führte Chelsea des Weiteren zum FA-Cup-Titel und zum Gewinn des europäischen Super Cups in der Saison 2021/22. In der Saison 2020/21 führte Tuchel Chelsea auf den vierten Platz in der Premier League und sicherte der Mannschaft damit die Teilnahme an der Champions League in der nächsten Saison.

Diese Erfolge unterstreichen einmal mehr, dass Tuchel bei Chelsea eine erfolgreiche Zeit hatte und mit der Mannschaft große Erfolge feiern konnte. Mit dem Gewinn der Champions League und anderen Titeln hat Tuchel bewiesen, dass er ein erstklassiger Trainer auf höchstem Niveau ist.

Tuchel hat bewiesen, dass er eine Mannschaft taktisch formen und erreichen kann, um herausragende Leistungen zu zeigen. Seine Erfolge als Trainer sprechen für sich und man kann sich an der Isar darauf freuen zu sehen, wie er den FC Bayern München zu weiteren Erfolgen führt.

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